Drei Lehren aus dem TTIP-Desaster

Gänsehaut-Moment bei der re:publica heute Morgen: Als Greenpeace die 248 Seiten aus den geheimen TTIP-Verhandlungen zwischen der EU und den USA enthüllte, fühlte es sich so an, als habe sich die Gesellschaft gegen ein Kartell des Schweigens durchgesetzt. Eine Nicht-Regierungsorganisation (NGO) tat etwas, das die Politik schon viel eher hätte tun sollen: für Transparenz sorgen. Die #ttipleaks zeigen: Aus mindestens drei Gründen wird es in unserer digitalen Gesellschaft bei politischen Diskussionen nicht mehr ohne Offenheit gehen.

Mit #ttipleaks hat Greenpeace der digitalen Gesellschaft einen großen Dienst erwiesen.
Mit #ttipleaks hat Greenpeace der digitalen Gesellschaft einen großen Dienst erwiesen.

Angst entsteht aus Unwissenheit
Die Menschen im 21. Jahrhundert sind eine Verknappung von Information nicht mehr gewohnt. Sie lehnen eine solche Bevormundung regelrecht ab. Die klassischen Medien, die einem Gatekeeper-Modell folgen, bekommen dies gerade zu spüren. Die Nutzerinnen und Nutzer wollen Zugriff auf alles, um dann selber das auszuwählen, was ihnen wichtig ist.

Wir wollen Zugriff auf alle Daten haben. Keiner versteht künftig mehr, dass es Türen geben soll, hinter die wir nicht blicken dürfen. Dort, wo politische Beschlüsse uns alle angehen, macht Geheimniskrämerei skeptisch. Angst entsteht aus Unwissenheit. Bei TTIP wusste bis zu den Leaks durch Greenpeace eigentlich niemand genau, was da wie verhandelt worden war. Doch keine Information ist kein Grund für keine Meinung. Keine Information ist der Grund für Ablehnung!

Mündigkeit entsteht aus Wissen-Wollen
Dass sich so viele Politikerinnen und Politiker so lange damit begnügt haben, zuerst nichts und später nur kurzzeitige Informationshäppchen zu TTIP gereicht zu bekommen, darf keine Schule machen. Entscheidungsträger können dies künftig nicht mehr hinnehmen. Es widerspricht dem Wesen einer Demokratie, dass die Exekutive der Legislative Informationen versagt, die sie für die Entscheidungsfindung benötigt. Man muss nicht der absoluten Transparenz das Wort reden, wie es die Piraten lange Zeit propagiert haben. Denn es gibt auch Grenzen der politischen Gläsernheit. Hier seien nur die 24/7-Umhängekameras für Politiker in Dave Eggers Roman „Der Circle“ genannt. Eine grauenhafte Vorstellung. Diskussionen und Entscheidungen müssen dagegen absolut nachvollziehbar sein. Sie dürfen nicht an Informationsdefiziten und Verständnisschwierigkeiten scheitern.

Letztlich ist eines auch klar:

In der digitalen Welt bleibt nichts auf Dauer geheim
Ich frage mich schon länger, ob irgendjemand nach den Snowden-Leaks daran geglaubt hat, dass die Unterlagen zu TTIP auf Dauer geheim bleiben würden. Und selbst wenn: Auf welcher Grundlage hätten nationale Parlamente denn am Ende beraten und abgestimmt? Egal, denn digitale Daten sind flüchtig. Sie lassen sich nicht in Aktenordner heften und sicher in Safes verwahren. Daten streben nach Freiheit und es wird immer Whistleblower geben, die sie freilassen.

Mein Fazit
„Wenn die Verhandlungen zu TTIP in dem Moment scheitern, in dem Details darüber bekannt werden, ist das Abkommen falsch und nicht der Leak“, hat es Stefan Krug von Greenpeace-Deutschland bei der Vorstellung der Unterlagen auf der re:publica gesagt. Und er hat Recht. Aktuell gibt es eigentlich nur zwei Alternativen zum Weiter-so: Zum einen ein Neustart der Verhandlungen unter absoluter Transparenz. Wem das nicht passt, dem ist auch nicht an einem Handelsabkommen gelegen, das den Menschen nutzt, die diesseits und jenseits des Atlantiks in Demokratien leben! Dann bliebe nur Alternative zwei: Stopp und Beendigung der Verhandlungen zu TTIP.

2 Kommentare zu „Drei Lehren aus dem TTIP-Desaster“

  1. Eine tolle Bestandsaufnahme der momentanen Gesellschaft. Vielleicht wird sich deine Weit- und Klarsicht auch irgendwann in den entscheidenen Etagen festsetzen.
    #VW#CIA#Panama

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