Der Traum von einer Bücherei

Foto: Lauren Manning

Ich habe einen Traum von einer Bücherei, die wie ein eigenes Zuhause ist. Das meine ich im übertragenen Sinne, aber auch ganz real. Denn wie wäre es, wenn eine Bücherei so aufgeteilt wäre, wie es ein Wohnhaus ist.

Die Bibliothek der Harvard-Universität (Foto: Lauren Manning)

 

Da wäre zunächst mal der Flur. Dort, wo man ankommt, seine Jacke aufhängen kann und gleich mal guckt, ob es etwas Neues gibt. Da kann man auch seine Medien abgeben, die man beim letzten Mal ausgeliehen hat. Na gut, die Schuhe muss man nicht gleich gegen Schlappen tauschen, aber ab jetzt wird es dennoch gemütlich.

Das Wohnzimmer

In diesem großen Raum fühlt man sich auf Anhieb zu Hause. Es gibt viele gemütliche Sessel und Couches – ein bisschen wie bei Starbucks, ein bisschen wie im englischen Club. Hier stehen hohe Bücherregale mit Romanen. Auf den im Raum verteilten Couch-Tischen liegen prächtige Bildbände. „Coffee-Table-Books“, wie man sie im anglo-amerikanischen Raum auch gerne nennt. Auf verschiedene Tageszeitungen – einige mittlerweile auf dem Tablet-Computer – und Magazine muss niemand verzichten. Mir haben es hier jedoch vor allem die Krimis angetan und so setze ich mich mit meinem Schmöker in den Sessel, um schon mal anzufangen mit der Geschichte. Die Sitzgelegenheiten sind so gewählt, dass sie auch mal zusammen geschoben werden können, um die ganze Aufmerksamkeit Autoren zu widmen, die vor dem Kaminfeuer regelmäßig ihre Werke vorstellen.

Die Küche

Irgendwann bekomme ich Durst. Kein Problem. Ich gehe in die Küche, wo es alles gibt, was zu einer richtigen Küche gehört. Getränke sind im Kühlschrank. Ich nehme mir eine Cola, könnte aber genauso gut auch einen Kaffee am Vollautomaten drücken. So oder so stecke ich Geld ins Sparschwein und schaue mich um. Mittendrin steht ein großer Küchentisch, an dem sich jeden Tag neu Menschen treffen, um bei Kaffee und manchmal auch Kuchen zu klönen. Eine örtliche Gruppe kocht regelmäßig in den Räumen und beköstigt Kinder, die nach der Schule vorbeischauen. Einfach so. Rezepte gibt’s ja reichlich. Dafür stehen genug Bücher im Regal.

Das Kinderzimmer

Apropos Schulkinder: Jetzt zieht es mich einen Raum weiter, in dem ein Dutzend gemütlicher Sitzsäcke auf die junge Kundschaft wartet. Auch hier wieder viele Bücher – daneben Hörspiele und Musik auf CD, Spielfilme auf DVD und Blue-Ray sowie massenweise Konsolenspiele. An der Wand ein großer Flatscreen, an dem die Jugendlichen daddeln können. Regelmäßig kommt ein Medienpädagoge vorbei und erklärt auch mal den staunenden Eltern, was hier eigentlich so vor sich geht.

Das Musikzimmer

Noch besser laut Musik hören kann man aber im Musikzimmer. Hier warten spezielle Sessel darauf, in Beschlag genommen zu werden. In diesen Schallmuscheln hört man Musik ohne Kopfhörer und ohne jemand anderen zu stören. Hier haben die Nutzer Zugriff auf Musik im Überfluss. Abos mit Musik-Streaming-Diensten machen es möglich. Dazu kommen CDs, denen man gleich hier über Kopfhörer lauschen kann. In der Ecke steht eine Gitarre, die jemand gestiftet hat. Regelmäßig kommen Schüler der Musikschule vorbei, spielen eine Session und wer will, setzt sich einfach dazu. Sogar ein spontanes Unplugged-Konzert hat es schon einmal gegeben.

Der Hobbyraum

Noch ungezwungener geht es im Hobbyraum zu. Mittendrin steht eine große Werkbank, auf der man vor allem mit Holz arbeiten kann. Eine Gruppe Hobbyhandwerker hat hierauf schon einiges gebaut und setzt auch immer wieder Möbelstücke der Bücherei instand. Wer Ideen hat, bringt sie einfach zusammen mit dem passenden Material mit. Schaulustige finden sich immer, die einem über die Schultern schauen und Verbesserungsvorschläge haben. Überhaupt bleibt niemand lange alleine, denn egal in welchem Raum man sich befindet, trifft man doch immer Gleichgesinnte. Auch im Hobbyraum wird geschmökert, denn wieder warten zahlreiche Medien zum Thema. Insgesamt hat diese Bücherei zwar weniger Titel im Programm, diese sind jedoch immer brandaktuell und so präsentiert, dass man einfach nicht an ihnen vorbeikommt. Dafür sorgen die Bibliothekare und Fachangestellten, die darüber hinaus die Lotsen sind durch den täglichen Mediendschungel. Sie nehmen sich Zeit, E-Books zu erklären oder wie man sich sicher im Internet bewegt. Sie finden immer das passende Medium und letztlich auf alle Fragen des Lebens. Denn: Man muss nicht selber alles wissen, man muss nur wissen, wo es steht!

Leider schaffe ich es heute nicht mehr, noch im Arbeitszimmer vorbeizuschauen, wo eine moderne IT-Ausstattung Schüler und Studenten anlockt, die recherchieren und schreiben wollen. Heute ist auch nicht das richtige Wetter für einen Spaziergang durch den kleinen Garten im Atrium, in dem man normalerweise gleich die Kräuter findet, die man zuvor im Buch angeschaut hat. Und für das Schlafzimmer ist es definitiv noch zu früh, schließlich will ich ja nicht immer nur träumen!

Bild (Common Creative): Lauren Manning

 

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